Hiob 10
1 Meine Seele ekelt’s vor meinem Leben; ich will mich meiner Klage überlassen, will reden in der Betrübnis meiner Seele.
2 Ich spreche zu Gott: Verdamme mich nicht! Lass mich wissen, weshalb du mich befehdest!
Wie oft haben wir gesagt, ich kann´s nicht mehr?
Hiob fühlte sich unter dem Gewicht seiner Schwierigkeiten niedergeschlagen und er musste seine Beschwerde mit jemandem teilen.
Seine Freunde waren in dieser Angelegenheit überhaupt keine Hilfe, also hat Hiob getan, was Petrus uns später gesagt hat, dass wir es tun sollten, er hat seine Sorgen auf den Herrn geworfen.
Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch. – 1. Petrus 5,7
Es ist interessant, dass Hiob zu dieser Zeit oder zu jeder anderen Zeit Gott nicht um Heilung und Wiederherstellung gebeten hat.
Stattdessen bittet er Gott, ihn wissen zu lassen, was er gegen ihn hatte.
3 Gefällt es dir wohl, dass du bedrückst, dass du das Werk deiner Hände verwirfst, während du über den Rat der Gottlosen dein Licht leuchten lässt?
In 1. Mose 1 lesen wir immer wieder, dass Gott gesehen hat, dass das, was er gemacht hatte, gut war.
Hiob hat Gott gefragt, ob er es als gut ansieht, die Unschuldigen zu unterdrücken, während die Schuldigen das Leuchten seines Lichts genießen.
4 Hast du Fleischesaugen, oder siehst du, wie ein Mensch sieht?
5 Sind denn deine Tage wie Menschentage, deine Jahre den Jahren eines Mannes gleich,
6 dass du nach meiner Schuld forschst und nach meiner Sünde fragst,
7 obwohl du doch weißt, dass ich unschuldig bin, und mich niemand aus deiner Hand erretten kann?
Hiob wusste, dass Gott nicht den Beschränkungen der bloßen Augen des Fleisches und der Anzahl der Jahre unterworfen war.
Es ist, als würde Hiob Gott fragen, ob er nichts Besseres zu tun hat, als ihn zu unterdrücken.
8 Deine Hände haben mich als Ganzes gebildet und rundum gestaltet, und nun verschlingst du mich?
9 Gedenke doch, dass du mich wie Ton gebildet hast; und nun willst du mich wieder in Staub verwandeln!
10 Hast du mich nicht wie Milch hingegossen und wie Käse mich gerinnen lassen,
11 mit Haut und Fleisch mich bekleidet, mit Gebeinen und Sehnen mich durchwoben?
Hier hat Hiob von Gott als seinem Schöpfer gesprochen, während er gefragt hat, zu welchem Zweck er gemacht wurde.
12 Leben und Gnade hast du mir gewährt, und deine Fürsorge bewahrte meinen Geist.
13 Doch dieses verbargst du in deinem Herzen; ich weiß, dass es bei dir so beschlossen war:
14 Wenn ich sündigte, so würdest du darauf achten und mich nicht freisprechen von meiner Missetat.
Hiob hat zugegeben, dass Gott gut zu ihm gewesen war und sich in der Vergangenheit um ihn gekümmert hatte, aber er hat Gottes Handlungen gegenüber ihm in der Gegenwart in Frage gestellt.
15 Habe ich Böses getan, dann wehe mir! Und bin ich im Recht, so darf ich mein Haupt doch nicht erheben; ich bin ja gesättigt mit Schande und muss mein Elend ansehen!
Hiob hat erneut seine Unschuld behauptet und hat gesagt, dass es nur sein gegenwärtiges Leiden war, das ihn anderen gegenüber schuldig erscheinen gelassen hatte.
16 Wagt [mein Haupt] es aber, sich zu erheben, so verfolgst du mich wie ein Löwe und handelst noch unbegreiflicher mit mir.
17 Du stellst neue Zeugen gegen mich auf und mehrst deinen Zorn gegen mich; du bietest stets frische Scharen, ja ein Heer gegen mich auf!
Es hat Hiob geschienen, dass Gott aus einem unbegreiflichen Grund wütend auf ihn war und dass er nichts tun konnte, um ihn zu besänftigen.
18 Warum hast du mich aus dem Mutterleib hervorgebracht? Wäre ich doch dabei umgekommen, ohne dass mich ein Auge gesehen hätte!
19 So würde ich sein, als wäre ich niemals gewesen, vom Mutterleib weg ins Grab gelegt.
Hiob hat sich vorgestellt, dass Gott wütend auf ihn war, aber wir wissen, dass dies überhaupt nicht der Fall war.
In seiner Frustration kehrt Hiob zu seinem ursprünglichen Wunsch zurück, bei der Geburt gestorben zu sein.
20 Ist meine Lebenszeit nicht kurz genug? Er höre doch auf, lasse ab von mir, dass ich mich ein wenig erhole,
21 ehe ich dahinfahre auf Nimmerwiederkehren in das Land der Düsternis und des Todesschattens,
22 in das Land, das schwarz ist wie die Finsternis, [das Land] des Todesschattens, wo keine Ordnung herrscht, wo das Licht wie tiefe Finsternis ist!
Hiob sprach früher vom Tod als einem Ort, an dem er Ruhe finden könnte, nun bittet er um eine kleine Pause vor dem Tod, die er jetzt als ein Land der Finsternis und der tiefsten Nacht sieht.
Hiob ist so weit gegangen, wie eine Person in die Tiefen von Depressionen und Verzweiflung vordringen kann.
Es würde uns an dieser Stelle gut tun, uns an die Worte des Apostels der Hoffnung im Neuen Testament zu erinnern.
Denn wir wollen euch, Brüder, nicht in Unkenntnis lassen über unsere Bedrängnis, die uns in [der Provinz] Asia widerfahren ist, dass wir übermäßig schwer zu tragen hatten, über [unser] Vermögen hinaus, sodass wir selbst am Leben verzweifelten; ja, wir hatten in uns selbst schon das Todesurteil, damit wir nicht auf uns selbst vertrauten, sondern auf Gott, der die Toten auferweckt. – 2. Korinther 1,8-9
In seiner Verzweiflung hat Hiob mit Gott gerungen, aber er hat immer noch seinen Schrei zum lebendigen Gott erhoben.
Hat Hiob irgendeine Hoffnung, die dieses Leben übersteigt?
Ja, aber diese Frage muss später in diesem Buch noch beantwortet werden.